Navigation

  1. Texte
  2. zur Übersicht
  3. zurück zur Startseite

Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst

erste Seite | vorige Seite | zurück zu Texten | nächste Seite | letzte Seite

Zweifel und Verzweiflung

Bevor ich mich als Proponent mehr dem „musikalischen Teil“ dieses Disputes widme, sind noch zwei wichtige Fragen zu klären, die Fragen nach dem „Warum geißeln sich so viele äußerst begabte Intellektuelle mit ihrer Meinung, sie selber und alles andere Vergängliche sei nur eine zufällige Ansammlung von Materie mit u. U. vorhandenen zufälligen Willensäußerungen und einem zufälligen Schicksal?“ und nach dem „Warum gibt es so viele Gläubige, die trotz ihrer zur Schau gestellten Überzeugungen so gar nicht nach diesen leben und oftmals sogar die Ängstlichsten sind, wenn es um den Tod geht?“ Eine Beantwortung dieser Fragen wird ganz wesentlich meine Analysen zur musikalischen Praxis verstehen helfen.

Um nicht missverstanden zu werden, muss vor der folgenden Aussage festgestellt werden, dass einerseits allgemeine Formulierungen stets für ein allgemeines Kollektiv gelten, Individuen jedoch immer individuell zu betrachten sind. Es ist töricht, Einzelindividuen unter dem Hinweis auf kollektiv praktizierte Handlungen zu verurteilen. Toleranz bedeutet, dem Individuum selbst dann unvoreingenommen gegenüber zu treten, wenn man die Handlungen des Kollektivs, zu dem es gehört, nicht tolerieren kann. Erst wenn die Handlungen und Aussagen des Individuums jene des Kollektivs bestätigen, darf diese Toleranz aufgegeben werden. Sollten hingegen die Handlungen des Individuums in Opposition zu jenen des zugehörigen Kollektivs stehen, ist dem Individuum sogar eine besonders hervorragende Geisteshaltung zu attestieren. Andererseits ist es essentiell, a priori gute Lehren wie jene des Christentums oder Institutionen wie jene der katholischen Kirche, nicht wegen diverser Verfehlungen, derer sich diesen Lehren zugehörig erklärende Individuen schuldig gemacht haben, zu verurteilen. Es ist festzustellen, dass den großen Weltreligionen eine enorme Kraft innewohnt, da die ihnen zugrunde liegenden Schriften auf metaphysischen Wahrheiten beruhen.

Derart vorbereitet stellen wir fest: Beiden Gruppen, den zweifelnden Gläubigen und den verzweifelten Atheisten ist gemein das ängstliche Klammern an Überzeugungen, von deren Richtigkeit sie ja doch so gar nicht überzeugt sind, wobei sich die Gruppe der Atheisten im Besitz der jüngeren Wahrheit wähnt. Der Gläubige ist süchtig nach konservativen Mustern, er trägt „die gute alte Zeit“ ständig auf den Lippen, der Atheist ist süchtig nach ewig Neuem, weil er nie zufrieden sein kann mit dem, was ist. Er ist enttäuscht von einer Wissenschaft, die angetreten ist, irgendwann alles erklären zu können und nun seit einiger Zeit ins Stocken geraten ist, wenn es z. B. darum geht, starke Wechselwirkung, elektromagnetische Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung und Gravitation letztgültig zu erklären und alle großen Theorien und Hypothesen in einer Weltformel zu vereinen, um ihn derart zu erlösen.

nächste Seite

Kompositionen | Diskographie | Fotos | Texte | Konzerte / Karten | Archiv | Persona | Kontakt | Links | Suche

Michael Paulus - Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert: 23.05.2016 09:37:07

zu dieser Seite (Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst) seit 23.10.2007